Von: Eva Hammer
Im Lügen-Sumpf bleibt niemand sauber
Neues Volksblatt, 29. Juni 2012 - Premiere: Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ beim Sommertheater in Stadt Haag (Bez. Amstetten, NÖ)
„Unlieblich“ sieht er aus, der Dorfrichter Adam, wenn er sich am Morgen mit blutigen Blessuren und braun gefleckten Unterhosen aus dem Bett quält.
Ihn erwartet kein gewöhnlicher Amtstag in der Huisumer Gerichtsstube (Lokalbezug: Huisum liegt gleich neben Waidhofen an der Ybbs). Gerichtsrat Walter (Johannes Gabl) ist zwecks Revision im Dorfgericht angesagt. Es gilt, die Anklage der Frau Marthe gegen den unbekannten Zerstörer ihres wertvollen Kruges abzuhandeln ...
Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“, 1808 am Weimarer Hoftheater unter Johann Wolfgang von Goethe uraufgeführt, steht heuer am Spielplan des Haager Sommertheaters. In der schäbigen Amtsstube (samt völlig verqualmter Raucherzone) ist Kleists Esprit spürbar. Trotz der speziell für Haag aktuellen Zeitbezüge — so soll das örtliche Bezirksgericht wegen notwendiger Strukturreformen geschlossen werden — blieb doch die Inszenierung dem Werk treu.
Scharf zeichnet Regisseurin Susi Weber die Charaktere. Der zerbrochene Krug als Symbol für verlorene Jungfräulichkeit steht klar im Raum. Bei Andreas Patton, dem verkommenen Dorfrichter, gibt es viel zu lachen: Vor allem über die kurzen Beine seiner ständigen Lügen. Babett Ahrens als scharfzüngige Marthe gibt im ersten Teil das Tempo vor. Überzeugend agiert Stefan Lasko als Amtsschreiber Licht, der hintergründig seine eigenen Karrierepläne verfolgt.
Josef Forster als Vater des verdächtigten Ruprecht (Hannes Perkmann) beeindruckt auch, wenn er nur auf der Bühne sitzt. Seine verhaltene Mimik kommentiert das Geschehen besser als Worte es könnten. Als schließlich Elfriede Schüsseleder als Zeugin Brigitte erscheint, schließt sich die Indizienkette um den Dorfrichter. Leider gerät die Schilderung ihrer Teufelsvision zu sachlich, um glaubwürdig zu sein.
Intendant Gregor Bloéb, der Tiroler TV-Star, konnte mit einer launigen Schlussansprache ein zufriedenes Publikum entlassen.


